Graduate School

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Sozialkapital von Schülerinnen und Schülern in intersektionellen Perspektiven von Behinderung und Migration

Chantal Hinni

Projektleitung

Chantal Hinni, M.A.

Abstract

Hintergrund des Dissertationsprojekts ist die Frage nach dem Zusammenhang zwischen der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, ihrem allgemeinen Wohlbefinden, ihrem Schulerfolg und ihrer sozialen Integration in Abhängigkeit zum regelmässigen und ungehinderten Zugang zu instrumentalen Beziehungen zu wesentlichen Akteurinnen und Akteuren in ihren potentiellen Netzwerken. In Subsystemen sozialer Schichtung, welche durch gesellschaftliche Konstruktionen wie Klasse, Ethnizität, Geschlecht und Behinderung hierarchisch geprägt sind, entstehen für Kinder und Jugendliche unterschiedliche Kontexte von Lebensbedingungen, welche die fundamentalen Entwicklungsprozesse beeinflussen (Stanton-Salazar, 1997)

Verschiedene Studien zeigen, dass Kinder mit Migrationshintergrund als Herausforderung für die schulische Integration angesehen und dadurch in ihrer Teilhabe am normalen Unterricht behindert werden (z.B. Kronig, 2007). Hinweise, dass behinderte Kinder mit Migrationshintergrund aus voneinander unabhängigen Gründen in Bezug auf die Schullaufbahnentwicklung marginalisiert werden zeigt u.a. Hughes (2015).

In der Diskussion um Chancen(un)gleichheit bei Migration und Behinderung in (sonder-)pädagogischen Kontexten liefert die Intersektionalität eine mögliche Analyseperspektive. Ursprünglich eingeführt zur Untersuchung der Überschneidungen (Intersektionen) von Diskriminierungserfahrungen im Zusammenhang mit race, class und gender (Crenshaw, 1989), wurde das Analysewerkzeug stetig weiterentwickelt und Anfang der 2000er Jahre im deutschsprachigen Raum in die Erziehungswissenschaften übernommen (Lutz, 2001). In der Sonderpädagogik wird Intersektionalität im Moment als zukünftige Forschungsperspektive verstanden, wodurch gegenwärtig nur auf wenige empirische Studien welche Intersektionalität als Forschungsgrundlage nutzen, zurückgegriffen werden.

Ziel des Projekts ist es, durch die gleichzeitige und nicht nachgeschaltete Betrachtungsweise der Kategorien und ihrer Intersektionen Funktionen in Bezug auf gesellschaftliche Ungleichheiten bezüglich des Zugangs zu instrumentalen Beziehungen, dem sogenannten Sozialkapital, zu beleuchten. Im Besonderen sollen Aspekte des Bridging-/Bonding-Konzepts ermöglichen, Einflussfaktoren auf Gelingensbedingungen der individuellen Entwicklunsgprozesse zu ermitteln. Im Rahmen von Strukturgleichungsmodellen wird die Analyse der latenten Klasse aus den intersektionellen Kategorien Migration, Behinderung, sozioökonomischer Status und Geschlecht den Dimensionen von Sozialkapital in Form von netzwerkbasierten Ressourcen, generalisiertes Vertrauen sowie Normen und Werte gegenübergestellt.

Es wird erwartet, dass Kinder und Jugendliche, die einer der beiden Kategorien Migration und Behinderung angehören, im Vergleich zu ihren Altersgenossen, die keiner der beiden Kategorien angehören, über ein höheres Mass an gemeinschaftsbildendem Sozialkapital (bonding) verfügen, welches typischerweise in Familien und engen Gemeinschaften zu finden ist. Darüber hinaus wird davon ausgegangen, dass der sozioökonomische Status der Kinder und Jugendlichen eine einflussreiche Rolle bei der Generierung von brückenbildendem Sozialkapital (bridging) spielt, zu welchem man durch formelle Beziehungen zu institutionellen Akteuren Zugang hat. Die Verfügbarkeit von brückenbildendem Sozialkapital wird durch sonderpädagogische Bildungsbedürfnisse und Migrationshintergrund moderiert und wird bei Kombination beider Kategorien deutlich abnehmen.

Als Grundlage für die Untersuchung werden Daten aus der zweiten Kohorte der COCON – Competence and Context-Studie des Jacobs Center for Productive Youth Development an der Universität Zürich analysiert. Neben den befragten 15- bis 21-jährigen Jugendlichen (N=1258) wurden bei den auch Bezugspersonen, wie die Hauptbetreuungsperson und die wichtigste Lehrperson, in die Untersuchung einbezogen.

Supervision

Prof. Dr. Winfried Kronig (Universität Fribourg) und Prof. Dr. Carmen Zurbriggen (Universität Bielefeld, Cotutelle de thèse)

Disziplin

Sonderpädagogik

Biographie 

  • seit 2014 Promotionsstudium, Universität Freiburg und Universität Bielefeld, Prof. Dr. Winfried Kronig und Prof. Dr. Carmen Zurbriggen
  • 2014 Master of Arts in Sonderpädagogik, Universität Freiburg
  • 2002 Diplom in Schulischer Heilpädagogik, Sonderpädagogisches Seminar des Kantons Bern
  • 1996 Primarlehrpatent, Seminar Muristalden Bern

Berufserfahrung

  • seit 10/2017 - Diplomassistentin, Universität Freiburg, Departement für Sonderpädagogik
  • 9/2016 -3/2017 - Forschungsassistentin, Universität Freiburg, Departement für Sonderpädagogik, SNF-Projekt von PD Dr. Dagmar Orthmann Bless „SEPIA-CH - Die Entwicklung von Kindern intellektuell beeinträchtigter Eltern“
  • 12/2009 - 9/2017 - Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Universität Freiburg, Departement für Sonderpädagogik Ausbildung der Studierenden der Schulischen Heilpädagogik
  • 2/2006 - 7/2016 - Schulische Heilpädagogin, Kindergarten und Primarschule Kerzers, Klassenlehrperson 4. bis 6. Klasse für Schülerinnen und Schüler mit Lernbehinderungen oder Verhaltensauffälligkeiten
  • 12/2002 - 11/2005 - In-Service Teacher Trainer, Ministry of Education, Namibia & Interteam, Luzern, Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen im Bereich Sprachunterricht, Realisierung von ausserschulischen Projekten mit Jugendlichen
  • 1996 - 2002 Primarlehrerin, Hasliberg-Goldern, Lyssach und Burgdorf

Lehre

  • AA 2017/18 - Lehrveranstaltung Sonderpädagogik, Universität Freiburg, Zentrum für Lehrerinnen- und Lehrerbildung
  • seit 2017- Lehrveranstaltung Wissenschaftliches Arbeiten, Universität Freiburg, Departement für Sonderpädagogik
  • seit 2016 - Behinderung und Migration, PH Bern, Institut für Weiterbildung
  • 2014 – 2018 - Wahrnehmung von Behinderung in Kulturen der Subsahara, PH Bern, Institut für Heilpädagogik

Weiterbildungen

  • seit 10/2014 - Doktoratsprogramm Social Problems and Welfare (Prowel), Universitäten Freiburg und Neuenburg)
  • seit 9 /2016 - Visiting Scholar im Doktoratsprogramm Gender Studies des Interdisziplinären Zentrums für Geschlechterforschung, Universität Bern
  • 12/2017 - Analyse latenter Klassen, Pädagogische Hochschule Zürich
  • seit 9/2017 - Diploma of Advanced Studies Hochschuldidaktik, Universität Freiburg
  • 8/2017 Multilevel Structural Equation Modeling, Swiss Summer School in Social Science Methods
  • 8/2016 - Case Studies: Design, Methods, and Reporting, Swiss Summer School in Social Science Methods
  • 2/2015 – Mehrebenenanalysen und Strukturgleichungsmodelle mit Mplus, Osnabrücker Methodenschule

Publikationen

Artikel (peer-reviewed):

  • Zurbriggen, C., Venetz, M. & Hinni, C. (2018). The quality of experience of students with and without special educational needs in everyday life and when relating to peers. European Journal of Special Needs Education. 1-16. doi:10.1080/08856257.2018.1424777
  • Orthmann Bless, D., Hinni, C. & Hellfritz, K.-L. (2018). Zwei Mütter – zwei Kinder. Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete, 87(1)
  • Müller, C. M., Hofmann, V., Hinni, C., Müller, X., Begert, T. & Zurbriggen, C. (2016). Häufigkeitsunterschiede von Cyberviktimisierung zwischen verschiedenen Bildungsgängen – Das Ergebnis unterschiedlicher Mediennutzung? Schweizerische Zeitschrift für Bildungswissenschaften. 38(2), 199-200.

Artikel (editor-reviewed):

  • Hinni, C. (im Druck). Der Mehrwert intersektioneller Perspektiven für die sonderpädagogische Forschung. Jahrbuch Denknetz 2018.
  • Hinni, C. & Zurbriggen, C. (2018). Intersektionalität in der Sonderpädagogik. Perspektiven für die Analyse der Wechselbeziehungen von Behinderung und anderen Ungleichheitsdimensionen. Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbarsgebiete, 87(2), 167-172. doi:10.2378/vhn2018.art17d

Weitere Publikationen:

  • Zurbriggen, C., Orthmann Bless, D., Estermann, V., Duss, I., Hess, R. C., Hinni, C., ... Wüthrich, L. (2014). Adaptive Kompetenzen von Erwachsenen mit intellektueller Beeinträchtigung (Forschungsbericht). Freiburg: Heilpädagogisches Institut der Universität Freiburg, Schweiz.
  • Hinni, C. (2017). Rezension: Amirpur, Donja: Migrationsbedingt behindert? Familien im Hilfesystem. Eine intersektionale Perspektive. Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete, 86(2), 175-176. doi:0.2378/vhn2017.art18d

Vorträge

  • A latent class approach to social capital in intersectional perspectives of migration and disability, EARLI SIG 15, Potsdam
  • Internationale Zusammenarbeit im Bildungsbereich, Universität Freiburg, Departement für Erziehungswissenschaften Cyberbullying in der Schule - Prävention und Reaktion, Universität Freiburg, Departement für Sonderpädagogik
  • Peer-Mediation als Instrument der Peer-Group-Education, Universität Freiburg, Weiterbildungsstelle
  • Keiner war schon immer da: Wie die Schweiz vom Auswanderer- zum Einwandererland wurde, Universität Freiburg, Departement für Sonderpädagogik
  • Intersectional perspectives on migration and disability in educational contexts, Universität Osnabrück, Conference on Prejudice on Campus

Mitgliedschaften

  • Fakultätsrat der Philosophischen Fakultät der Universität Freiburg
  • Schweizerische Gesellschaft für Soziologie (SSG), Mitglied der Koordinationsgruppe des Forschungskomittees Bildungssoziologie
  • Arbeitsgruppe Empirische Sonderpädagogische Forschung (AESF)
  • Schweizerische Gesellschaft für Bildungsforschung (SGBF)